Whistle - free speech: Veranstaltungsreihe zu Julian Assange, Wikileaks, der Meinungs- und Pressefreiheit im September im ACUDkino
Wie steht es derzeit um die Meinungs- und Pressefreiheit? Welche Entwicklungen lassen sich dabei über die letzten Jahren beobachten? Und welche Bedeutung haben diese Freiheiten für die Gesellschaft?
Diesem Thema wollen wir uns im September mit einer Reihe ausgewählter Filme widmen. In anschließenden Diskussionen mit Experten und engagierten Menschen, die sich auf unterschiedliche Weise mit diesem Thema beschäftigen, gehen wir diesen Fragen weiter nach.
Die Filme werden an drei aufeinanderfolgenden Donnerstagen ab 19 Uhr im Acud-Kino (Veteranenstrasse 21, Berlin) gezeigt:
National Bird (USA 2016)
Gefolgt von einer Diskussion mit
Sonia Kennebeck – Regisseurin „National Bird“
Tatiana Bazzichelli – Disruption Network Lab
Daniel Lücking – Journalist, Redakteur und ehemaliger Bundeswehrredakteur
Donnerstag, 12. September, ab 19 Uhr
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Der Fall Assange: Eine Chronik (Hacking Justice, Deutschland 2021)
Gefolgt von einer Diskussion mit
Clara López Rubio – Regisseurin „Der Fall Assange: Eine Chronik“
Ilja Braun – Reporter ohne Grenzen
Donnerstag, 19. September, ab 19 Uhr
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Free Speach Fear Free (Großbritannien, Deutschland 2016)
Gefolgt von einer Diskussion mit
Tarquin Ramsay – Regisseur „Free Speach Fear Free“
Donnerstag, 26. September, ab 19 Uhr
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Weitere Informationen zu den Filmen und Tickets: acudkino.de
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Hintergrund:
Infolge der Anschläge vom 11. September 2001 kam es in den USA zu einer Machtverschiebung zugunsten des Präsidenten und der Geheimdienste.
Der Präsident erhielt das Recht, das Militär ohne Genehmigung und Wissen des Kongresses einzusetzen, und die CIA erhielt „außerordentliche Befugnisse“, einschließlich der „direkten Anwendung tödlicher Gewalt“. https://www.globalresearch.ca/secret-war-how-us-usespartnerships-proxy-forces-wage-war-under-radar/5803872
In den folgenden Jahren traten mehrere Personen an die Öffentlichkeit, die aus Gewissensgründen geheime Informationen weitergaben und damit Machtmissbrauch und Menschenrechtsverletzungen aufdeckten, sogenannte Whistleblower.
Einer dieser Whistleblower ist Daniel Hale, ein Whistleblower des US-Drohnenprogramms und einer der Protagonisten des Films National Bird. Hale stellte The Intercept Dokumente zur Verfügung, die belegen, dass die Mehrheit (im Falle der Operationen in Afghanistan sogar 90 %) der Menschen, die durch US-Luftangriffe im Rahmen des Drohnenprogramms getötet wurden, Zivilisten waren.
„…Hales Fall ist beispielhaft. Als Hale sich an The Intercept wandte, führten das Militär und die CIA bereits Drohnenangriffe in mehreren Ländern durch, darunter Afghanistan, Pakistan, Somalia, Jemen und Libyen. In öffentlichen Erklärungen […] leugneten Regierungsvertreter, dass es überhaupt zivile Opfer gegeben hatte.“ Jameel Jaffer, Professor für Recht und Journalismus und geschäftsführender Direktor des Knight First Amendment Institute an der Columbia University.
https://www.newyorker.com/news/news-desk/the-espionage-act-and-a-growing-threat-to-pressfreedom
Im Gegenzug wurden diese Whistleblower zunehmend mit dem Espionage Act, einem ohnehin umstrittenen Gesetz aus dem Jahr 1917, radikal verfolgt: Während alle vorherigen Regierungen zusammen nur drei Fälle zu verzeichnen haben, hat die Obama-Regierung acht Personen nach dem Espionage Act strafrechtlich verfolgt, weil sie geheime Informationen an die Medien weitergegeben haben. Trump und Biden setzten die Verfolgung von Whistleblowern nach dem Espionage Act fort. https://knightcolumbia.org/content/espionage-act-prosecutions-chart
Jesselyn Radack, eine ehemalige Ethik-Anwältin des US-Justizministeriums, die selbst zur Whistleblowerin wurde und später einige der berühmtesten Whistleblower juristisch vertrat, nannte dies einen „Krieg gegen den Journalismus durch die Hintertür“ https://www.vice.com/en/article/advice-for-whistleblowers-and-journalists-from-an-nsa-spy-and-snowdens-lawyer/
Im Jahr 2006 gründete der australische Journalist Julian Assange die Enthüllungsplattform WikiLeaks, auf der Whistleblower anonym Informationen im öffentlichen Interesse weitergeben konnten, und dabei selbst durch die Anonymität geschützt waren.
Assange wurde daraufhin jedoch selbst zur Zielscheibe unerbittlicher Verfolgung und der erste Verleger, der nach dem Espionage Act angeklagt wurde. Die USA verlangten seine Auslieferung und das Vereinigte Königreich, wo Assange zu dieser Zeit lebte, hielt ihn laut einer UNArbeitsgruppe jahrelang willkürlich in Haft. https://www.ohchr.org/en/news/2019/05/unitedkingdom-
working-group-arbitrary-detention-expresses-concern-about-assange
Nach 7 Jahren willkürlicher Inhaftierung in der ecuadorianischen Botschaft und 5 Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh ist Julian Assange seit dem 26. Juni 2024 endlich wieder ein freier Mann.
Allerdings erlangte er seine Freiheit nur durch einen Deal, bei dem er sich in einem Punkt der Anklage schuldig bekannte: „Verschwörung mit einer Quelle, um Informationen zur nationalen Sicherheit zu erhalten und zu verbreiten“. Die Frage, was das für die Pressefreiheit bedeutet, bleibt weiterhin offen.
Unsere Filmreihe beginnt mit „National Bird“ am 12. September, dem Tag nach dem Jahrestag der Anschläge vom 11. September, und endet mit „Free Speech Fear Free“ am 26. September, dem Tag, an dem Julian Assange vor genau drei Monaten seine Freiheit wiedererlangte.
Die anschließenden Diskussionen können im Foyer fortgesetzt werden und darüber hinaus auch noch unten in der Bar.
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Wir freuen uns auf euch!
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Zu den Veranstaltungen:
National Bird
Gefolgt von einer Diskussion mit der Regisseurin Sonia
Kennebeck, Tatiana Bazzichelli – Disruption Network Lab,
Daniel Lücking – ND
12.09.2024
Infos:
USA 2016
Sprachen: OmU
Unter der Regie von: Sonia Kennebeck
Drehbuch: N/A
Darsteller/innen: Daniel Hale, Heather Linebaugh, Lisa Ling
92 min
FSK 12
Film:
„National Bird“ folgt der dramatischen Reise von drei Whistleblowern, die entschlossen sind, das Schweigen über eines der kontroversesten Themen unserer Zeit zu brechen: den geheimen Drohnenkrieg der USA. Im Mittelpunkt des Films stehen drei Veteranen des US-Militärs. Von Schuldgefühlen geplagt, weil sie an der Tötung von gesichtslosen Menschen in fremden Ländern beteiligt waren, beschließen sie, trotz der möglichen Konsequenzen öffentlich zu sprechen. Ihre Geschichten nehmen eine dramatische Wendung und führen eine der Protagonistinnen nach Afghanistan, wo sie von einem schrecklichen Vorfall erfährt. Aber ihre Reise gibt auch Hoffnung auf Frieden und Erlösung. National Bird gibt einen seltenen Einblick in das US-Drohnenprogramm durch die Augen von Veteranen und Überlebenden und verbindet ihre Geschichten, wie man es noch nie in einem Dokumentarfilm gesehen hat. Die Bilder lassen den Zuschauer nicht mehr los und bringen ein weit entferntes Thema ganz nah an sein Zuhause.
Im März 2017 erhielt „National Bird“ den renommierten Ridenhour Dokumentarfilmpreis, der jährlich an einen Dokumentarfilm verliehen wird, „der das öffentliche Interesse verteidigt, soziale Gerechtigkeit vorantreibt oder fördert oder eine gerechtere Vision der Gesellschaft beleuchtet.
https://www.codebreakerfilms.com/about
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Gäste:
Sonia Kennebeck ist eine unabhängige Dokumentarfilmerin und investigative Journalistin mit mehr als 15 Jahren Erfahrung als Regisseurin und Produzentin. Sie hat bei acht Fernsehdokumentationen und mehr als 50 investigativen Berichten Regie geführt. Das Magazin Foreign Policy zeichnete Sonia Kennebeck als eine der 100 Leading Global Thinkers des Jahres 2016 aus, und das Filmmaker Magazine wählte sie zu einem der 25 New Faces of Independent Film 2016.
Sonia Kennebeck hat einen Master-Abschluss in international affairs von der American University in Washington, D.C.
Sie wurde in Malakka, Malaysia, geboren und lebt in New York, NY.
https://www.codebreakerfilms.com/about
Tatiana Bazzichelli ist die Gründerin und künstlerische Leiterin des Disruption Network Lab (https://www.disruptionlab.org). Ihre Arbeit konzentriert sich auf Whistleblowing, Netzwerkkultur, Kunst und Hacktivismus. Sie ist die Autorin von „Whistleblowing for Change“ (2021), „Networked Disruption“ (2013), „Disrupting Business“ (2013) und „Networking“ (2006).
Von 2011 bis 2014 war sie Programmkuratorin bei der transmediale in Berlin.
Sie promovierte 2011 in Informations- und Medienwissenschaften an der Faculty of Arts der Universität Aarhus, Dänemark.
Daniel Lücking ist studierter Kultur-(MA) und Online-Journalist (BA) und arbeitet seit 2022 als wissenschaftlicher Mitarbeiter bei einem Bundestagsabgeordneten Der LINKE.
Als Journalist begleitete er über mehrere Jahre intensiv den NSA- und den Breitscheidplatz Untersuchungsausschuss im Bundestag mit Live-Ticker, Podcasts und Artikeln und arbeitet als
Redakteur bei ND-Der Tag ebenfalls an Themen der Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Aktuell schreibt er immer mal wieder für das KONKRET-Magazin.
Seine Bundeswehrzeit mit mehreren Einsätzen in Afghanistan als Redakteuroffizier des deutschafghanischen Radioprojektes „Stimme der Freiheit“ – Sada-e-Azadi – schärfte nicht nur seinen
Blick für die Berichterstattung rund um das Militär und aus Kriegs- und Krisengebieten, sondern auch für die Folgen der Einsätze für alle Beteiligten.
Das Bild, das Whistleblower wie Chelsea Manning von den US-Kriegen im Irak und Afghanistan zeigten, ist näher an Lückings Erfahrungen, als die offiziellen Pressemitteilungen der Regierungen.
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Der Fall Assange: Eine Chronik (Hacking Justice)
Gefolgt von einer Diskussion mit der Regisseurin Clara López
Rubio und Ilja Braun – Reporter ohne Grenzen
19.09.2024
Infos:
Deutschland 2021
Sprache: Deutsch
Unter der Regie von: Clara López Rubio, Juan Pancorbo
90 min
Film:
Mit ihrem exklusiven Zugang porträtieren die Regisseurin Clara López und der Regisseur Juan Pancorbo den ehemaligen spanischen Richter Baltasar Garzón in seinem Kampf für die Aufhebung des Haftbefehls gegen Julian Assange, der seit Jahren im Exil in der äquadorianischen Botschaft lebt. „Hacking justice“ dokumentiert den wachsenden Einfluss von Geheimdiensten, die Rolle der Massenmedien und das Verhältnis zwischen dem Einzelnen und der Staatssicherheit.
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Gäste:
Clara López Rubio ist die Regisseurin des Films „Der Fall Assange: Eine Chronik“.
Nach ihrem Studium an der Deutschen Film- und Fernsehakademie in Berlin verfolgte Clara López Rubio den Fall Assange neun Jahre lang. Danach schrieb sie die Drehbücher und führte Regie bei „Trapped: Julian Assange zwischen Politik und Justiz“ (2017) und „Hacking Justice“ (2021).
López Rubio ist außerdem Filmkuratorin und Filmhistorikerin. Zu ihren Veröffentlichungen gehört das Buch „Fliegerträume und Spanische Erde“ über das Kino des Spanischen Bürgerkriegs (Schüren Verlag).
Ilja Braun arbeitet im Advocacy-Team der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen (RSF).
Er setzt sich für mehr Schutz und Sicherheit für Journalistinnen und Journalisten in der Politik ein und begleitet deutsche und europäische Gesetzgebungsverfahren zur Medienpolitik. Zuvor arbeitete er als Berater für eine Bundestagsfraktion und einen Verbraucherschutzverband sowie als freier Journalist.
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Free Speach Fear Free
Gefolgt von einer Diskussion mit dem Regisseur Tarquin
Ramsay via Skype
26.09.2024
Infos:
Großbritannien, Deutschland 2016
Sprachen: OmU
Unter der Regie von: Jörg Altekruse, Tarquin Ramsay
Drehbuch: N/A
Darsteller/innen: Diani Baretto, Jacob Appelbaum, Julian Assange
80 min
FSK 6
Film:
Können wir ohne freie Meinungsäußerung wirklich vollständig menschlich sein? Ist die freie Meinungsäußerung der Sauerstoff für unsere Gesellschaft? Ohne sie brechen wir zusammen. „Free Speech Fear Free“ geht der Frage auf den Grund, was freie Meinungsäußerung wirklich bedeutet und welche Auswirkungen sie auf unser tägliches Leben hat. Er vergleicht das Vereinigte Königreich mit Weißrussland und zeigt, wie das Leben ohne freie Meinungsäußerung wirklich ist. Er erzählt erschreckende Geschichten über eine Diktatur, die den Lebensstandard der Menschen zerstört.
https://www.imdb.com/title/tt4462056/
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Gäste:
Tarquin Ramsay begann sein Projekt zur Redefreiheit, als er 15 Jahre alt war. Fünf Jahre später ist daraus ein beeindruckender Dokumentarfilm geworden, in dem Datenschutz- und Antiüberwachungsaktivisten wie Julian Assange und Jacob Appelbaum sowie der Schauspieler Jude Law ihre Meinung zum aktuellen Stand der Meinungsfreiheit und deren Bedrohung inverschiedenen westlichen Ländern äußern.
https://www.realfictionfilme.de/free-speech-fear-free.html
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Veranstaltende/Organisation: FreeAssange-Berlin, Disruption Lab, ACUDkino, Humanistische Union – Landesverband Berlin-Brandenburg