Beitragsbild Humanistische Union fordert das Ende des diskriminierenden Kopftuchverbots in Berlin
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Humanis­ti­sche Union fordert das Ende des diskri­mi­nie­renden Kopftuch­ver­bots in Berlin

Der Landesverband Berlin-Brandenburg der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union e.V. begrüßt den vor wenigen Tagen bekannt gewordenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts, demzufolge ein pauschales Kopftuchverbot in Schulen nach wie vor verfassungswidrig ist. Die Bürgerrechtsorganisation fordert die Landesregierung auf, nicht länger an dem Neutralitätsgesetz in seiner jetzigen Gestalt festzuhalten und dieses endlich abzuschaffen.
Dann würde auch in Berlin endlich gesetzlich klargestellt, was das BVerfG bereits 2015 entschieden hat. Kopftuchtragen alleine gefährdet weder die staatliche Neutralität noch den Schulfrieden. Berlin ist das letzte Bundesland, das Musliminnen mit Kopftuch weiterhin aus dem Schuldienst ausschließt.
Zum notwendigen Außer-Kraft-Setzen des Neutralitätsgesetzes erklärt Dr. Kirsten Wiese: „Die Religionsfreiheit schützt Musliminnen, die sich für ein Kopftuch entscheiden – nicht nur im Schuldienst, sondern auch in der Polizei und der Justiz. Alleine wegen ihres religiösen Erscheinungsbildes sind sie weder parteilich noch neutralitätsgefährdend. Vielmehr ist das Kopftuchverbot diskriminierend und befördert rassistische Ressentiments. Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts von 2020 gegen das Neutralitätsgesetz war deshalb richtig. Das hat das Bundesverfassungsgericht nun bestätigt.“
Dr. Kirsten Wiese schrieb ihre rechtswissenschaftliche Dissertation zu „Lehrerinnen mit Kopftuch. Zur Zulässigkeit eines religiösen und geschlechtsspezifischen Symbols im Staatsdienst.“. Sie ist Expertin für religionsverfassungsrechtliche Fragen und Mitglied im Beirat der Humanistischen Union e.V.

Hintergrundinformationen

Das Land Berlin darf Lehrerinnen nicht pauschal das Tragen von Kopftüchern verbieten. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat eine Verfassungsbeschwerde des Landes Berlin gegen ein entsprechendes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Beschluss vom 17.1.2023 nicht zur Entscheidung angenommen. Das teilte das Gericht am 2.2.2023 mit (Beschl. v. 17.01.2023, Az. 1 BVR 1661/21, ohne Begründung und unveröffentlicht).

Damit ist das Berliner Neutralitätsgesetz in seiner jetzigen Form kaum noch haltbar. Das Bundesarbeitsgericht hatte bereits im August 2020 entschieden, dass das pauschale Kopftuchverbot für Lehrerinnen im Berliner Neutralitätsgesetz verfassungskonform dahingehend auszulegen ist, dass es das Tragen des Kopftuchs innerhalb des Dienstes nur bei Vorliegen einer konkreten Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität verbietet (BAG, Urteil vom 27.8.2020, 8 AZR 62/19).

Einer Muslimin, die wegen ihres Kopftuches in Berlin nicht in den Schuldienst eingestellt worden war, sprach das BAG deshalb Schadensersatz in Höhe von 5.159 Euro nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz zu. Das Gericht sah in der Ablehnung eine Diskriminierung aufgrund der Religionszugehörigkeit. Das BAG bezog sich in seinem Urteil auf den BVerfG-Beschluss zum Kopftuchtragen von 2015 (BVerfG, Beschluss vom 27.1.2015, – 1 BvR 471/10, – 1 BvR 1181/10 -)

 

Weitere Informationen

Humanistische Union zum Berliner Neutralitätsgesetz

Ausgewählte Presseartikel zum aktuellen Beschluss

RBB

taz

BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Januar 2015 – 1 BvR 471/10 -, Rn. 1-31 – zum Kopftuchtragen

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