Petition des Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz ist online - und kann unterstützt werden
Das vom HU-Landesverband Berlin-Brandenburg unterstützte Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz hat eine Petition gegen das Gesetz online gestellt.
Sie kann hier unterzeichnet werden: https://weact.campact.de/petitions/neues-polizeigesetz-in-brandenburg-stoppen-grundrechte-schutzen
Hier der Text
An: Karl-Heinz Schröter (SPD) Innenminister Brandenburg; Stefan Ludwig (Die Linke) Justizminister Brandenburg; Mike Bischoff, Fraktionsvorsitzender SPD Landtag Brandenburg; Ralf Christoffers, Fraktionsvorsitzender Die Linke Landtag Brandenburg
Neues Polizeigesetz in Brandenburg stoppen – Grundrechte schützen!
NB
Initiator/in kontaktieren
Gestartet von
NoPolGBbg Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz
Neues Polizeigesetz in Brandenburg stoppen – Grundrechte schützen!
Sie wollen ein neues Polizeigesetz verabschieden, das die Überwachungs- und Eingriffsbefugnisse der Polizei massiv ausweitet. Unschuldsvermutung und Gewaltenteilung werden untergraben. Das neue Gesetz ist damit ein Angriff auf die Grundrechte aller Menschen. Gerade im Hinblick auf eine mögliche rechtspopulistische Regierungsbeteiligung dürfen keine unverhältnismäßigen Instrumente eingeführt werden, bei denen man darauf angewiesen wäre, dass die Landesregierung es gut mit Demokratie und Meinungsfreiheit meint. Deshalb lehnen wir die geplante Gesetzesnovelle entschieden ab und fordern Sie auf, das neue Brandenburger Polizeigesetz nicht zu beschließen.
Warum ist das wichtig?
Das hochumstrittene bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG) dient als Vorbild für die massive Ausweitung von Polizeibefugnissen in Brandenburg. Das bayrische PAG wird von den Bundestagsfraktionen von Grüne/B90, FDP und Linke vor dem Bundesverfassungsgericht beklagt. Statt diese Klage und das Ergebnis abzuwarten, folgt man den anvisierten Verschärfungen der CSU. So stellt das geplante Brandenburger Polizeigesetz eine erhebliche Gefährdung der Freiheit und der Rechtssicherheit der Bevölkerung dar, was folgende Beispiele der Gesetzesneuerung zeigen:
Heute politisch aktiv, morgen schon „Gefährder“
Im Rahmen der „Terrorismus“-Abwehr werden polizeiliche Befugnisse weit ins Vorfeld einer konkreten Gefahrensituation verlagert. Um den umstrittenen Begriff der „drohenden Gefahr“ zu vermeiden, werden andere allerdings genauso unklare Begriffe genutzt, um Menschen und Gruppen als „Terror“-Verdächtige einzustufen. Die neuen Gummiparagrafen zur Terrorabwehr laden gerade dazu ein, Missbrauch zu betreiben und Journalist*innen, Fußballfans, Aktivst*innen und Engagierte als „Gefährder“ einzustufen und mit massiven Repressionen und Überwachung zu überziehen. Beispielsweise wurden Anti-Abschiebe-Aktivist*innen in Großbritannien vor kurzem unter Terrorverdacht gestellt oder Anti-Terror-Maßnahmen gegen französische Klimaaktivist*innen angewandt.
Ein weiterer Schritt zur dauerüberwachten Gesellschaft
Obwohl schon jetzt Videoüberwachungen möglich sind, werden die Anlässe zur Überwachung durch die Polizei immer beliebiger. Demnach sollen öffentliche Plätze und Straßen videoüberwacht werden, an denen „vermehrt drohende Straftaten“ angenommen werden, was schließlich für beliebig viele Orte gelten könnte. In der Gesetzesbegründung sind schon weitere Maßnahmen wie die automatische Gesichtserkennung angekündigt.
Quellen-Telekommunikationsüberwachung (TKÜ) bzw. Staatstrojaner
Bei der Quellen-TKÜ verschafft sich der Staat Wissen über IT-Sicherheitslücken, die in allen Geräten, die wir alltäglich nutzen, schlummern. So kann über das Internet verschlüsselte Kommunikation unbemerkt „geknackt“ und abgehört bzw. gelesen werden. Noch schwerer wiegt, dass nicht nur Verdächtige, sondern alle betroffen sind: Da die Sicherheitslücken geheim bleiben, können sie nicht behoben werden. Dies ist ein aktiver Angriff auf die innere Sicherheit und die Privatsphäre aller Menschen, denn beide sind in hohem Maße von IT-Sicherheit der genutzten Technik abhängig. Ein Beispiel ist die Malware „wannacry“, die rund um die Welt Infrastruktur lahmlegte und auf einer Sicherheitslücke basierte, die die NSA vorher jahrelang nutzte und geheim hielt. Der Einsatz von Staatstrojanern in jeder Form ist nicht nur rechtsstaatlich bedenklich, sondern schwächt aktiv unsere aller Sicherheit im Alltag.
Aufenthaltsgebote – Angriff auf die politische Teilhabe
Mit Aufenthaltsgeboten – im Gesetz als Meldeauflagen bezeichnet – kann die Polizei bestimmen, wo sich bestimmte Personen aufhalten müssen und wo sie sich nicht aufhalten dürfen. Zwar soll das nur für bestimmte Personengruppen gelten, die Definitionen sind aber sehr unklar. Dabei geht es nicht um die Abwehr von Gefahren für Leib und Leben. Das lässt befürchten, dass allein ein unbestimmter Verdacht, z.B. auf eine Teilnahme an einer Sitzblockade, die Polizei dazu nutzen kann, Menschen die Teilnahme an einer Demo durch ein Aufenthaltsgebot zu verunmöglichen. Dass die Gesetzesbegründung diese Maßnahmen als geringe Grundrechtseinschränkung bezeichnet, ist ein besorgniserregender Hinweis für die zukünftige Anwendungspraxis. Bewegungsfreiheit und politische Teilhabe sind Grundpfeiler einer demokratischen Gesellschaft und dürfen nicht leichtfertig eingeschränkt werden!
Schleierfahndung – Steilvorlage für diskriminierendes „Racial Profiling“
Die Schleierfahndung ist bisher nur im 30 km-Streifen an der Grenze erlaubt. Nun soll das Gebiet ins Landesinnere ausgeweitet werden. Die Schleierfahndung erlaubt verdachtsunabhängige Kontrollen, die die Unschuldsvermutung untergraben und insbesondere das „Racial Profiling“, also die Kontrolle von als Migrant*innen wahrgenommenen Personen, begünstigen.
Militarisierung
Bislang dürfen sogenannte Explosivmittel nur zur Beseitigung von Hindernissen bei Naturkatastrophen oder für sogenannte Zugangssprengungen, um das Eindringen in Objekte zu ermöglichen, genutzt werden. In Zukunft sollen bspw. Handgranaten gegen Personen eingesetzt werden dürfen.
Die geplanten Verschärfungen lassen Analysen über Kriminalität und Terrorismus vermissen. Das Vorgaukeln eines energischen Agierens soll lediglich ein diffuses Sicherheitsgefühl erzeugen. Dass der NSU-Terror oder der islamistische Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz geschehen konnten, lag nachweislich nicht an mangelnden Befugnissen, sondern an Behördenversagen oder staatlichen Verstrickungen. Letztendlich haben auch die Polizeibeamt*innen nichts von der Gesetzesverschärfung, denn sie werden mit einer nicht zu erfüllenden Erwartungshaltung konfrontiert, gesellschaftliche Probleme mit falschen Instrumenten zu lösen.
Mehr Infos zur Polizeigesetzesnovelle und zum Bündnis gegen das neue Brandenburger Polizeigesetz:
https://kurzlink.de/Demo_in_Potsdam
Stellungnahmen Neue Richtervereinigung (pdf, 330kB): https://kurzlink.de/Richter und https://kurzlink.de/Richter2
Schwierige Gefährder-Definition: https://kurzlink.de/bento_gefaehrder
Britische Flüchtlingsaktivisten mit Terrorvorwurf: https://kurzlink.de/aktivist_terrorist
Netzpolitik.org über Quellen-TKÜ / Staatstrojaner: https://kurzlink.de/Quellen-TKUe
Beispiel für genutzte und missbrauchte Sicherheitslücken: https://de.wikipedia.org/wiki/WannaCry
Aufenthaltsgebote bzw. Hausarrest für Klimaaktivist in Paris: www.taz.de/!5255902/
Interview mit Rechtswissenschaftler und Kriminologen zu aktuellen Landespolizeigesetzesverschärfungen: https://kurzlink.de/Singelnstein