Humanistische Union verurteilt das polizeiliche Vorgehen gegen Besucher der Berliner Diskothek "Jeton"
Im Zuge einer Durchsuchung der Berliner Diskothek „Jeton“ ist es nach inzwischen vorliegenden Informationen zu massenhaften Rechtsverletzungen durch die Berliner Polizei gekommen.
Selbst wenn sich die von Augenzeugen geschilderten Straftaten von Polizeibeamten erst in kommenden Strafverfahren klären lassen werden, lässt sich aber schon aufgrund der polizeilichen Darstellungen feststellen, dass die einschlägigen Regelungen des Berliner ASOG (Allgemeines Sicherheits- und Ordnungsgesetz) nicht nur in Einzelfällen missachtet wurden.
In der Nacht zum vergangenen Sonntag hatten rund 300 Polizisten, darunter 100 SEK-Beamte, die Diskothek „Jeton“ gestürmt. Dort hielten sich unter anderem Fans des Berliner Fußballclubs Dynamo zu einer Feier auf. Die Polizei hatte als Begründung angeführt, in der Diskothek würden sich gewaltbereite Hooligans treffen, um Straftaten anlässlich des am darauffolgenden Tages stattfindenden Lokalderbys gegen den 1. FC Union zu verabreden. Nach Augenzeugenberichten sei die Polizei bei der Razzia sehr brutal vorgegangen; 158 Personen wurden bis zu 19 Stunden lang in Gewahrsam genommen.
Zu den Vorkommnissen erklärt Rechtsanwalt Dr. Fredrik Roggan, stellvertretender Bundesvorsitzender der Humanistischen Union: „In jedem Einzelfall war die Polizei verpflichtet, unverzüglich eine richterliche Entscheidung über die Zulässigkeit und Fortdauer der Freiheitsentziehung herbeizuführen. Eine Nicht-Beachtung dieses Gebots zieht zwingend die Rechtswidrigkeit des polizeilichen Gewahrsams nach sich. Nach den polizeilichen Auskünften ist in überhaupt nur fünf Fällen diese richterliche Entscheidung herbeigeführt worden. Eine derart massenhafte Missachtung der verfahrensmäßigen Rechte der festgehaltenen Personen ist rechtsstaatlich schlechthin unerträglich und nicht zu rechtfertigen. Es hätte der polizeilichen Führung oblegen, die organisatorischen Voraussetzungen für eine schnellstmögliche Vorführung der Festgenommenen zu schaffen. Dass dies offenbar nicht geschehen ist, zeigt mindestens eine fehlende Sensibilität der Polizei für die grundrechtlichen Belange der Bürger. Und die Polizei wird sich gegen den Verdacht zu wehren haben, dass die festgehaltenen Personen nur deswegen nicht dem Richter vorgeführt wurden, weil dieser mutmaßlich ihre sofortige Entlassung verfügt hätte.“
Mit Blick auf die im Raum stehenden Übergriffs-Vorwürfe gegen Polizeibeamte sagt Dr. Roggan weiter: „Es ist zu begrüßen, dass sich die Polizei um eine friedliche Fußball-Weltmeisterschaft sorgt. Dabei sollte die Unterscheidbarkeit von Gewalttätern und Ordnungshütern aber nicht nur durch die Uniformierung der letztgenannten Personengruppe gewährleistet sein.“