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Bürger­rechte und soziale Menschen­rechte gelten in Zeiten der Krise!

25. Mai 2020

Am 13. Mai 2020 beschloss der HU-Landesverband Berlin-Brandenburg folgende Erklärung:

Bürgerrechte sind der Auftrag der Humanistischen Union. Das gilt für die klassischen liberalen Bürgerrechte, wie die Versammlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit, die Abwesenheit staatlicher Repression und Überwachung.

Und dies gilt auch für die sozialen Menschenrechte, wie das Recht auf Gesundheit, Arbeit und Wohnen.

Die Bekämpfung der Corona-Pandemie greift an vielen Stellen tief in die geschützten Bereiche der Grund- und Menschenrechte ein.

Die Bundesregierung und die Landesregierung stellen das Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit über alles.

Viele der beschlossenen Maßnahmen, wie Kontaktverbote, Schließungen von Kindergärten, Schulen und Geschäften und Versammlungsverbote greifen in unser gewohntes Leben und in die verfassungsmäßig schützten Grund- und Menschenrechte ein.

Nach dem heutigen Stand waren diese Maßnahmen vorerst relativ erfolgreich und trugen dazu bei, noch schlimmere Entwicklungen zu behindern, die uns aus anderen Ländern bekannt geworden sind.

Es mus alles getan werden, damit die Neuinfektionen weiter zurückgehen und dass alle infizierten Menschen eine bestmögliche medizinische Versorgung erhalten.

Die Eingriffe in die Grundrechte müssen auf das Mindestmaß beschränkt werden.

Hierzu fordert der Landesverband der Humanistischen Union Berlin-Brandenburg die Regierung auf, folgende Grundsätze zu beachten:

Am 21. April 2020 beschloss der Berliner Senat Lockerungen und, sofern der Verlauf der Pandemie es zulässt, soll es weitere Lockerungen geben.

Alle Maßnahmen verlangen nach einer differenzierten bürgerrechtlichen Betrachtung, die sich daran orientiert, ob insbesondere den schwächeren Mitgliedern der Gesellschaft geholfen wird.

Daher ist die Pflicht für eine Mund-Nasen-Bedeckung im ÖPNV und in Geschäften zu begrüßen. Die Kritik aus medizinischer, virologischer und hygienischer Sicht an diesen Mund-Nasen-Bedeckungen ist berechtigt. Aber sie führen immerhin dazu, dass die Bedrohung durch das Coronavirus nicht vergessen, Abstand gehalten und auf die Handhygiene beachtet wird. Diese Grundsätze sind von allen Bürgerinnen und Bürgern stets zu beachten!

Diese Maßnahmen dienen auch dem Schutz der Risiko- und Hochrisikogruppen. Das sind Menschen mit Vorerkrankungen und einem angegriffenem oder schwachem Immunsystem.

Deshalb fordert die HU, dass auch die derzeit noch offenen Teile von Werkstätten für behinderte Menschen geschlossen werden. Sie dürfen erst wieder geöffnet werden, wenn die Pandemie vorüber ist. Bis dahin muss das Entgelt vollständig fortgezahlt werden. Die Zeit soll, sofern möglich, für gemeinsame Aktivitäten genutzt werden. Falls die Menschen mit Behinderung bei ihrer Familie leben, muss die Möglichkeit einer außerhäuslichen Betreuung gewährleistet werden.

In Alten- und Pflegeheimen gibt es derzeit viele Erkrankungen durch das Coronavirus. Deshalb sind die getroffenen Kontaktbeschränkungen sinnvoll. Trotzdem soll es möglich gemacht werden, dass die in den Heimen wohnenden Menschen von ihren Kindern, Kindeskindern und Freunden besucht werden, sofern sie dies wünschen.

Auch gesunde Menschen können aufgrund ihres Lebensmittelpunkts oder ihrer Arbeit einem erhöhten Risiko einer Erkrankung ausgesetzt sein. So müssen jetzt Flüchtlingsunterkünfte aufgelöst und die Flüchtlinge in Hotels untergebracht werden. Dort ist eine Wahrung des Abstandsgebots möglich.

Menschen die von Obdach- oder Wohnungslosigkeit betroffen sind, müssen – sofern sie es wünschen – eine Wohnung gestellt werden. Das geltende Prinzip des „Housing first“ soll in Berlin für alle Betroffenen ohne Einschränkung umgesetzt werden.

Wir begrüßen ausdrücklich die Möglichkeit, seit dem 4. Mai wieder zu demonstrieren. Die Beschränkung auf höchstens fünfzig Teilnehmende und die Auflage, die Versammlung als nur an einem Ort stattfindende Kundgebung durchführen zu müssen, ist dagegen problematisch. Sie beschränkt den Protest auf eine bestimmte Menge an Menschen. Und sie beraubt ihr, weil das Publikum nicht spontan an der Versammlung teilnehmen dürfen, die Öffentlichkeit.

Ein Online-Protest kann eine solche Versammlung ergänzen, aber nicht ersetzen.

Die Rücknahme der geltenden Kontaktbeschränkungen für Schulen, Kitas und Spielplätze sowie Freizeiteinrichtungen, wie Parks oder Sportplätze sollen stufenweise und unter Berücksichtigung eines sorgfältigen Risikokalküls erfolgen. Der Erfolg dieser Lockerungen soll nach wissenschaftlich gesicherten Standards und einer informierten Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen. Auf diese Weise soll jederzeit eine Rücknahme der Lockerungen ermöglicht werden, sobald neue Risiken für die Bevölkerung sichtbar werden.

Wir bitten auch um Beachtung der Presseerklärungen des HU-Bundesverbandes:

Grundrechte gehören nicht in Quarantäne (20. April 2020): www.humanistische-union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/back/aktuelles/article/grundrechte-gehoeren-nicht-in-quarantaene/

Grundrechte gehören nicht in Quarantäne: auch nicht Datenschutz in der Pandemie! (27. April 2020): www.humanistische-union.de/nc/aktuelles/aktuelles_detail/back/aktuelles/article/grundrechte-gehoeren-nicht-in-quarantaene-auch-nicht-datenschutz-in-der-pandemie/

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