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Datenschutz und Transparenz sind zwei Seiten einer Medaille

21. September 2009

Stellungnahme des Demonstrationsbündnisses „Freiheit statt Angst“ zu den Vorfällen um die Demonstration am 12. September 2009 und Forderungskatalog zur Transparenz der Polizeiarbeit

Aus Anlass der heutigen Beratung des Berliner Abgeordnetenhauses hat das Demonstrationsbündnis „Freiheit statt Angst 2009“ eine erste Bilanz der Datenschutz-Demonstration vorgelegt. Das Bündnis zeigt sich bestürzt über die in den Medien bereits diskutierten polizeilichen Übergriffe und zahlreiche weitere Einschränkungen, denen Teilnehmer/innen vor und während der Veranstaltung ausgesetzt waren.
Die Organisatoren der Demonstration fordern den Berliner Senat und die Polizeiführung zu politischen Konsequenzen auf, um das intransparente Polizeihandeln und die wiederholten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit zu beenden. Das Demonstrationsbündnis wird heute dem Polizeipräsidenten und den Abgeordneten einen Forderungskatalog zur Vermeidung von Polizeiübergriffen und für mehr Transparenz der Polizeiarbeit vorlegen. Darin heißt es unter anderem:

„Wohl wissend, dass wir mit unseren Erfahrungen nicht allein stehen, und in der Überzeugung, dass die Erhaltung unserer Versammlungsfreiheit als einem Stück ‚ungebändigter Demokratie‘ ein zentraler Stellenwert in unserer Gesellschaft zukommt, stellen wir folgende Forderungen:

1. Eine umfassende und lückenlose Aufklärung und Ahndung der polizeilichen Gewaltanwendung bei zwei Festnahmen am Rande der Demonstration: Die von uns inzwischen an die Staatsanwaltschaft übergebenen Videoaufnahmen widersprechen der polizeilichen Darstellung des Geschehens, wonach die Festgenommenen sich polizeilichen Maßnahmen widersetzt hätten. In einem Fall (Radfahrer) besteht der Verdacht, dass durch den Einsatz ein kritischer Beobachter des Polizeieinsatzes bestraft werden sollte.

2. Geeignete Maßnahmen, um ein Mindestmaß an Transparenz und Verlässlichkeit der polizeilichen Einsatzpraxis zu gewährleisten: Eine individuelle Kennzeichnung von PolizistInnen ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Die individuelle Verantwortlichkeit für polizeiliches Handeln darf nicht hinter Helmen und in einer uniformierten Masse verschwinden. Genau dies ist aber die derzeitige Situation. Auf jedem Verwaltungsbescheid bis hin zum „Knöllchen“ für Falschparker werden die verantwortliche Behörde und zuständige Mitarbeiter benannt – bei polizeilichen Zwangsmaßnahmen soll dies nicht möglich sein?

3. Wir sehen einen dringenden Handlungsbedarf, damit bei künftigen Demonstrationen Medienvertreter und unabhängige Demonstrationsbeobachter ungehindert ihrer Arbeit nachgehen können. Die öffentliche Kontrolle des polizeilichen Handelns bei Demonstrationen ist derzeit nicht gewährleistet. So mussten wir erleben, dass Demonstrationsbeobachter von der Polizei festgesetzt wurden, andere zum Löschen ihrer Bilder gezwungen wurden. Wir erwarten von der Führung der Berliner Polizei und der zuständigen Senatsverwaltung geeignete Vorschläge, wie die Transparenz von Polizeieinsätzen verbessert werden kann. Für Gespräche hierzu stehen wir gern zur Verfügung.

4. Wir fordern den Senat von Berlin auf, eine unabhängige, nach wissenschaftlichen Kriterien vorzunehmende Untersuchung in Auftrag zu geben, die das Ausmaß und mögliche Ursachen derartiger Polizeiübergriffe bei der Berliner Polizei erforscht. Insbesondere sollte eine solche Untersuchung mögliche Häufungen von Anzeigen resp. Übergriffen in bestimmten Einsatzhundertschaften der Berliner Polizei nachgehen.

5. Über akute Konfliktsituationen hinaus halten wir eine unabhängige Kontrolle der Polizei für dringend geboten: Wie in vergleichbaren Fällen können wir auch diesmal leider nicht damit rechnen, dass an dem Geschehen beteiligte Polizisten gegen ihre Kolleginnen und Kollegen aussagen werden. Die „Mauer des Schweigens“ könnte durch eine unabhängige Kontrollstelle überwunden werden, in der weitgehende Kontrollbefugnisse mit einer Vertrauensstellung verbunden sind.“

Die ausführliche Stellungnahme finden Sie in der unten angehängten PDF-Datei.

Die Sitzung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung des Berliner Abgeordnetenhauses findet am heutigen Montag, dem 21. September 2009 um 10.00 Uhr im Raum 311 (Bernhard-Letterhaus-Saal) des Abgeordnetenhaus von Berlin statt. Vertreter des Demonstrationsbündnisses stehen vor Ort für Presseanfragen zur Verfügung.

Für Rückfragen:

Andy Müller-Maguhn (Chaos Computer Club), Tel. 030 / 2809 7470-0
padeluun (FOEBUD), Tel: 0521 / 65566
Sven Lüders (Humanistische Union), Tel. 0152 / 0183 1627.

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