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Quartals­be­richt Nr. 172 (Dezember 2000)

31. Dezember 2000

Bericht des Landesverbandes Berlin für die Mitteilungen Nr. 172 (Dezember 2000)

Die gemeinsam mit der Liga für Menschenrechte, der Zeitschrift Ossietzky und dem Haus der Demokratie begonnene Reihe „Republikanischer Vesper“ haben wir im Herbst mit drei weiteren Veranstaltungen fortgesetzt. Am 29. September war Jürgen Seifert unser Referent zum Thema „Antifaschismus im Visier des Verfassungsschutzes“. Während das jahrelange Engagement verschiedener linker Gruppen gegen Neonazis immer wieder durch Beobachtung und Nennung im Verfassungsschutzbericht diffamiert wird, bleibt zweifelhaft, ob der Geheimdienst etwas gegen rassistische Gewalt von rechts ausrichten kann.
Auf der folgenden Vesper am 26. Oktober stand dann die Praxis im Berliner Abschiebegewahrsam im Zentrum der Diskussion. Neben Anna Elmiger (HU / Kunst und Knast e.V.) diskutierten an diesem Abend Eberhard Schultz (Rechtsanwalt) und Christina Kaindl (Kritische Psychologin) über den Widerspruch zwischen einer medienwirksamen Beschwörung von Toleranz und Mitmenschlichkeit und dem faktischen Umgang mit Flüchtlingen, wie er in den Abschiebegefängnissen praktiziert wird.
Die letzte Republikanische Vesper des Jahres widmete sich am 23. November der EU-Grundrechtecharta. Die von Ingeborg Rürup moderierte Diskussion zeigte, dass die europäische Ebene für Bürgerbewegungen immer wichtiger wird, die Bewertung der Rechtsentwicklung aber unterschiedlich ausfällt. Während Hans Wagen (Euromärsche) und Thomas Fiedler (Inter Citizens‘ Conferences) auf Defizite der Charta hinwiesen, stellte insbesondere Mark Holzberger (Mitarbeiter von Claudia Roth) die erreichten Fortschritte heraus, die jedoch dringend einer rechtlichen Verbindlichkeit bedürften.
Die Reihe der Republikanischen Vespern wird im nächsten Jahr fortgesetzt. Der Diskurs zu bürgerrechtlich relevanten Themen bei Brot, Käse und Wein findet in der Regel am jeweils letzten Donnerstag des Monats statt. Abweichend davon wird die nächste Vesper bereits am 18. Januar stattfinden. Thema ist das Für und Wider eines Verbots der NPD.


Seit dem Sommer beteiligt sich der Landesverband an den Vorbereitungen eines Bündnisses gegen Rassismus, das im Gegensatz zu den staatlich initiierten oder staatsnahen Bündnissen auch fremdenfeindliche Politikeräußerungen sowie die repressive Asyl- und Migrationspolitik kritisieren will. Den nach Einladung der Internationalen Liga für Menschenrechte beteiligten Gruppen geht es zudem darum, antifaschistische Gruppen vor staatlicher Repression in Schutz zu nehmen und Bürgerrechtseinschränkungen im Namen der Bekämpfung des Rechtsextremismus abzuwenden. Aus ähnlicher Motivation beteiligte sich die Berliner HU nicht an dem Aufruf zu der offziösen Demonstration am 9. November. Mitglieder des LV beteiligten sich gleichwohl an der Demonstration und machten mit Plakaten wie Die Zuständigen sind nicht immer die Anständigen – Neonazis prügeln, der Staat schiebt ab auf die Differenz zwischen antirassistischen Sonntagsreden und staatlichen Taten aufmerksam.


Darüber hinaus hat sich der Landesvorstand wieder mit einer Reihe von Briefen, Gesprächen und Medienauftritten in aktuelle Auseinandersetzungen eingemischt. Jenseits der Dauerbrennern Videoüberwachung und Regelung des Berliner Religionsunterrichts haben wir uns für den Erhalt des frauenpolitischen Magazins des SFB (Zeitpunkte) eingesetzt, auf eine aufenthaltsrechtliche Sicherung der bosnischen Bürgerkriegsflüchtlingen gedrängt und gegen den gegen den geplanten Vertriebsstop der Abtreibungspille Mifegyne protestiert.


Zu aktuellen Diskussionen und zur Vorbereitung der nächsten Veranstaltungen laden wir alle Mitglieder und Interessierten zu unseren öffentlichen Vorstandssitzungen ein. Die Sitzungen finden alle zwei Wochen donnerstags um 18.30 Uhr statt. Für weitere Nachfragen und Termine ist die Landesgeschäftsstelle im Haus der Demokratie und Menschenrechte, Greifswalder Straße 4 in 10405 Berlin (Tel. 204 2504) dienstags 9-14 Uhr und donnerstags 16-20 Uhr zu erreichen.

 

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