Startseite » Pressemeldungen » Nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum Religionsunterricht: Weg frei für religionskundliches Fach

Nach dem Urteil des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts zum Religi­ons­un­ter­richt: Weg frei für religi­ons­kund­li­ches Fach

29. Februar 2000

Die Humanistische Union (HU) ist der Auffassung, dass der Berliner Senat mit seinem Versuch, den bislang freiwilligen Religionsunterricht angesichts des gerichtlichen Erfolges der Islamischen Föderation in ein Wahlpflichtfach zu verwandeln, genau den falschen Weg beschreitet. Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 6 C 5.99) bestätige die Position der HU, dass es dem Land Berlin offen steht, bei der Regelung des Religionsunterrichts eigene Wege zu gehen. Das Gericht weist in seinem Urteil ausdrücklich darauf hin, dass in Berlin die sogenannte „Bremer Klausel“ (Art. 141 GG) gilt, nach der Religion kein ordentliches Lehrfach in jenen Ländern ist, in denen vor 1949 eine andere Regelung bestand. Für die Bürgerrechtsorganisation besteht daher kein Anlass, das Berliner Modell des freiwilligen Religionsunterrichts in Trägerschaft der Glaubensgemeinschaften durch eine Regelung zu ersetzen, die dem Muster der meisten westdeutschen Länder folgt. Statt dessen sieht der Berliner Landesverband der HU den Weg frei für seinen Vorschlag, das Berliner Modell durch ein neues kultur- und religionskundliches Fach zu ergänzen.

In seinem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht das Recht der Islamischen Föderation bestätigt, in Berlin einen eigenen Unterricht anzubieten. „Diepgen und Böger wollen uns nun einreden, dass dies mit einem Wahlpflichtfach Religion verhindert werden muss“, kommentierte der Landesvorsitzende der Berliner HU, Roland Otte, entsprechende Äußerungen des Regierenden Bürgermeisters und des Schulsenators. „Diese Reaktion geht genau in die falsche Richtung. Die Regelung des Religionsunterrichts muss sich dringender denn je an den Prinzipien der Trennung von Staat und Kirche und der Gleichberechtigung der verschiedenen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften orientieren. Das Ziel darf nicht sein, eine bestimmte Gemeinschaft auszuschließen, was immer man von ihr halten mag.“ Die Humanistische Union bezweifelt zudem, dass ein solcher Versuch tauglich wäre, da sich die Islamische Föderation u.U. auch in einen Wahlpflichtbereich einklagen könnte.

Die Humanistische Union beharrt darauf, dass glaubensgebundener Religionsunterricht keine staatliche Aufgabe ist und uneingeschränkt freiwillig bleiben muss. Die staatliche Schule kann aber durchaus im ordentlichen Unterrricht Wissen um die verschiedenen Religionen und Weltanschauungen vermitteln. Gerade in einer multikulturellen Stadt wie Berlin sollte die Schule einen Beitrag zur Förderung des wechselseitigen Verständnisses leisten. Der Berliner Landesverband der HU schlägt daher die Einführung eines religionskundlichen Fachs für alle Schülerinnen und Schüler vor. Das angefügte Konzeptpapier für ein Fach „Kulturen, Religionen und Weltanschauungen“, das der Berliner Landesverband bereits im letzten Jahr erarbeitet hat, beschreibt eine gangbare Alternative zu den Senatsplänen.

nach oben