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Konzept für unabhängige Stelle zu Polizei­be­schwerden

21. Dezember 2016

in: vorgänge Nr. 216 (4/2016), S. 86-88

Das Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung (BUG) hat ein „Konzept für die Einrichtung unabhängiger Polizeibeschwerdestellen“ vorgelegt. Erarbeitet wurde das Konzept vom BUG gemeinsam mit zahlreichen anderen NGOs, darunter Amnesty International und Humanistischer Union.

Der erste Teil des Papiers beschreibt zunächst die Ausgangslage und die verschiedenen Gründe, die für die Einführung eines effektiven und unabhängigen Polizeibeschwerdemechanismus sprechen – etwa mutmaßliche Polizeigewalt, Racial Profiling, Ermittlungspannen wie im Falle der NSU-Mordserie und andere Formen des Fehlverhaltens. Anschließend werden die unterschiedlichen Modelle und Erfahrungen mit Kontroll-  bzw. Beschwerdestellen zu Polizeifragen vorgestellt, die in einzelnen Bundesländern (u.a. Hamburg, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen)  bzw. anderen Ländern (Großbritannien, Nordirland, Kanada, New York) bereits umgesetzt wurden.

In Teil 2 werden grundsätzliche strukturelle Optionen für den Aufbau, die Aufgaben und Befugnisse solcher Beschwerdestellen vorgestellt: als Ombudsmann/-frau, zur außergerichtlichen Lösung von Konflikten und Problemen; als spezialisierte Stelle, die Betroffene berät, die Öffentlichkeit informiert und wissenschaftliche Untersuchungen anleitet; als Expertenkommission, die im Einzelfall disziplinarrechtliche Sanktionen verhängen und allgemeine Empfehlungen und Verhaltensmaßregeln aussprechen kann.

Als wichtigste Anforderungen formuliert das Papier im dritten Teil sechs Prinzipien, an denen die Arbeit einer Beschwerdestelle ausgerichtet sein soll: unabhängig, unverzüglich, öffentlich, verhältnismäßig, unter Beteiligung der Betroffenen und sensibel im Umgang mit Minderheiten.

Der vierte und Hauptteil des Papiers enthält einen konkreten Vorschlag für die Ausgestaltung einer Polizeibeschwerdestelle: Das Konzept schlägt eine föderale Kontrollstruktur in Bund und Ländern vor, die parallel zu den Polizeizuständigkeiten aufgebaut werden und neben den ordentlichen Gerichten und dem behördeninternen Disziplinarrecht bestehen soll. Damit soll einerseits die Unabhängigkeit des Beschwerdemechanismus gewährleistet werden (jener ist nicht innerhalb der Polizei angesiedelt), andererseits eine direkte Rückkopplung von Empfehlungen und Verbesserungsvorschlägen an die zuständigen Bundes-/Landesbehörden ermöglicht werden. Als zentrale Aufgaben der unabhängigen Beschwerdestelle werden genannt:

  • „Befassung mit Beschwerden, die von Beschwerdeführer_innen an die Stelle herangetragen oder bei gebührender Schwere auch selbstständig ermittelt werden.
  • Sammlung und Sicherstellung von Beweisen und Befragung von Zeug_innen.
  • Erarbeitung von Empfehlungen an die Polizei und Politik mit dem Ziel, die Arbeit der Polizei beschwerdefrei zu gestalten.
    Prävention von polizeilichem Fehlverhalten und inadäquater Behandlung durch die Polizei.
  • Festlegung, Überprüfung und Durchsetzung von Standards für die Polizeiarbeit.
  • Auswertung von Erfahrungen über polizeiliche Richtlinien und die polizeiliche Praxis.“ (S. 34)

Um Individualbeschwerden nachzugehen bzw. eigeninitiativ Ermittlungen anstellen zu können, soll die Beschwerdestelle mit umfassenden Rechten zur Akteneinsicht, zur Vorladung und Befragung von Zeugen, zur Kontrolle von Diensträumen der Polizei und zur Tatortsichtung, zur Leitung von Ermittlungen im Beschwerdeverfahren, zur Einholung von Gutachten und zur eigenen Stellungnahme gegenüber Gerichten ausgestattet werden. Daneben soll die Beschwerdestelle Angebote zur Schlichtung, Verbesserungsvorschläge für Polizeibehörden und Gesetzgeber erarbeiten und im Einzelfall auch konkrete Sanktionen vorschlagen (die jedoch nicht von der Beschwerdestelle selbst, sondern den/der Dienstvorgesetzten der beschuldigten Beamten umzusetzen sind). Darüber hinaus soll die Beschwerdestelle bei der wissenschaftlichen Erforschung von Defiziten der Polizeiarbeit helfen und geeignete Öffentlichkeitsarbeit betreiben.
Für den Aufbau der Stelle selbst wird eine Struktur aus Beschwerdekommission, Mitarbeiterstab und einem Beirat vorgeschlagen. Bei der Besetzung der Gremien sei auf die verschiedenen benötigten Professionen als auch die Beteiligung zivilgesellschaftlicher Gruppen zu achten.

Büro zur Umsetzung von Gleichbehandlung e.V.: Konzept  für die Einrichtung unabhängiger Polizeibeschwerdestellen. Berlin, September 2016,  abrufbar unter: http://www.bug-ev.org/fileadmin/user_upload/Konzept_UPSPol_final_final.pdf

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