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Humanis­ti­sche Union, Landes­ver­band Berlin-­Bran­den­burg, fordert: Künftige Landes­re­gie­rung soll bürger­recht­liche Ziele vereinbaren

10. Oktober 2016

Die Aufnahme der Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Linke und Bündnis 90/Die Grünen sind eine einmalige Chance für eine konsequent bürgerrechtliche Politik.

Aus Sicht des Landesverbandes Berlin-Brandenburg der Humanistischen Union müssen in der Innen- und Rechtspolitik besonders dringend folgende Maßnahmen umgesetzt werden:

Eine unabhängige Polizeibeauftragte für Berlin

Sie soll als unabhängige Beschwerdestelle, Vorwürfen unverhältnismäßiger Polizeigewalt, polizeilichen Fehlverhaltens und Strukturmängel in der Polizei nachgehen und Lösungen aufzeigen. Sie würde damit neben einer oft wenig erfolgversprechenden Anzeige einen zweiten Weg öffnen, um sich als von polizeilichen Maßnahmen betroffene Bürgerin mit unangemessenem Verhalten von Polizisten auseinander-zusetzen. Sie soll auch bei Mediationen und Gesprächen zwischen der Polizei und den Betroffenen dabei sein. Sie soll, wenn es sich um strukturelle Mängel handelt, Vorschläge zur Verbesserung machen. Sie soll auch Ansprechpartnerin für Polizisten sein, die sich bei Problemen mit Kollegen und Vorgesetzten, bei Mobbing und strukturellen Mängeln, wie den aufgrund gesundheitlicher Gefahren nicht benutzbaren Schießständen, an sie wenden können.

Bei der Ausgestaltung der Stelle der Polizeibeauftragten kann und soll sich an der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit orientiert werden.

Konsequente Ächtung des ‚Racial Profiling‘

Berlin ist eine Stadt, in der Menschen unabhängig von ihrer Bildung, ihres Aussehens, ihrer sexuellen Orientierung und ihrer Herkunft willkommen sind. Außerdem stieg in den letzten Jahren jedes Jahr die Zahl der Berlinbesucher.

Um den Ruf als weltoffene und touristenfreundliche Stadt zu bewahren, muss jeder Anschein einer Diskriminierung von ‚fremd aussehenden‘ Menschen vermieden werden. Daher müssen auch anlasslose Kontrollen mit Ort, Zeit, Anlass und Ergebnis der Kontrolle protokolliert und in geeigneter Form in der PKS und eigenständigen Berichten veröffentlicht werden.

In Aus- und Fortbildungen muss das Problem der verschiedenen Formen beabsichtigter und unbeabsichtigter Diskriminierungen konsequent und lösungsorientiert angesprochen werden.

Kein weiterer Ausbau der Videoüberwachung

Videoüberwachung erzeugt ein beständiges Gefühl des Überwachtwerdens. Dabei können Kameras keine Verbrechen verhindern, sondern höchstens bei der Aufklärung helfen. Ob sie überhaupt einen Effekt haben, wurde bislang noch nicht wissenschaftlich untersucht.

Deshalb fordern wir ein Überwachungsmoratorium und eine unabhängige, strengen wissenschaftlichen Kriterien genügende Evaluation.

Bis das Ergebnis der Studie vorliegt, muss weiterhin in mehr sichtbares Personal und eine entsprechende bauliche Gestaltung und Beleuchtung investiert werden. So kann die Sicherheit und das Sicherheitsgefühl im öffentlichen Raum erhöht werden.

Abschaffung des V-Mann-Unwesens

Die Humanistische Union fordert eine Abschaffung des Verfassungsschutzes und hat dies zuletzt ausführlich in dem Memorandum „Brauchen wir den Verfassungsschutz? Nein!“ begründet.

Eine erster Schritt dahin wäre eine Abschaffung des V-Mann-Unwesens. Zuletzt zeigten die verschiedenen parlamentarischen Untersuchungsausschüsse zum NSU, wie ineffektiv und kontraproduktiv die zahlreichen V-Männer im NSU-Umfeld waren. Polizeiliche Ermittlungen wurden von den Geheimdiensten behindert, weil sie den Schutz ihrer Informanten höher bewerteten als die Mithilfe bei der Aufklärung von Mordfällen. Aufgrund der großen Aktenvernichtungen verschiedener Verfassungsschutzämter wird man das wahre Ausmaß der Verwicklungen zwischen rechtsextremer Szene, NSU, Verfassungsschutz und Polizei wohl niemals erfahren.

Auch in Berlin wurden Akten vernichtet und die Chefin des Verfassungsschutzes trat zurück. Ein V-Mann des polizeilichen Staatsschutzes hatte Kontakt zum NSU.

Bei der Bekämpfung des Extremismus sind V-Leute nicht die Lösung, sondern das Problem. Deshalb müssen die V-Leute des Verfassungsschutzes und des Staatsschutzes umgehend abgeschaltet werden.

Die HU sieht diese Maßnahmen als Teil einer bürgerrechtsfreundlichen und partizipativen Politik in der Justiz- und Innenpolitik, die bereits bewährtes und initiiertes konsequent fortführt. So muss das gerade in Kraft getretene Berliner Strafvollzugsgesetz im Sinne der Betroffenen mit dem Ziel einer möglichst kurzen Haftdauer angewandt werden. Das Versammlungsrecht muss demonstrationsfreundlich ausgelegt werden. Ob das im Rahmen bestehender Gesetze oder in einem Berliner Versammlungsgesetz geschieht, ist dabei einerlei. Und bei der Direkten Demokratie und der Beteiligung der BürgerInnen muss es eine umfassende Politik des ‚Gehörtwerdens‘ geben.

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